Künstlerhaus im KunstKulturQuartier - Festsaal
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…In seinem Programm zelebriert der Fürther das Fabulieren, das Auswalzen von bisweilen irrsinnigen Geschichten mit verrückten Ideen, mit immer noch skurrileren Wendungen und maßlosen Übertreibungen. Griesgrämig bis wütend, derb im Ausdruck und gerne im Ordinären wühlend, gibt er auf der Bühne in deftigem Fränkisch den polternden Proleten – was bei einem Teil des Publikums tiefste Lachfalten, bei manchen Zuschauern aber auch Stirnrunzeln verursachte. Ein Auftritt, der zweifelsohne polarisierte… (Fränkische Nachrichten)
Der Name Rattelschneck ist eine humoristische Ableitung des englischen Rattlesnake (Klapperschlange). Von den ursprünglich fünf Mitgliedern sind heute noch Marcus Weimer und Olav Westphalen aktiv. Weimer (* 1963 in München) und Westphalen (* 1963 in Hamburg) lernten sich 1986 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg im Rahmen einer Gastprofessur von F. K. Waechter kennen.
Über ihr Programm sagen sie selbst: „Rattelschneck ist keine Person, sondern ein Kollektiv; gegründet als utopisches Projekt“. Rattelschneck veröffentlicht Cartoons und Comicstrips mit einer sehr charakteristischen Form absurden Humors.
Die Zeit schrieb 1993 über Rattelschneck: „Die Welt von Rattelschneck ist nicht nur kindlich, abgründig und erzieherisch äußerst wertvoll. Sie ist auch schlecht gezeichnet. Da wird geschlampt und geschmiert, und es spucken die Kugelschreiber vor sich hin. Dieses ästhetische Unvermögen freilich ist Ergebnis einer gediegenen graphischen Ausbildung […] Und es ist das, was die Kunstgeschichtsschreibung einen ‚Stil‘ nennt, nämlich jener der caricature brute.“
Seine phantastischen Filme besitzen eine stark surreal-traumhafte Atmosphäre und neigen zur Kirchenkritik. Sie zeichnen sich durch eine opulente Ausstattung aus, die mit sehr kleinen Produktionsbudgets gebaut und errichtet wird. Dies wird möglich durch einen - im Vergleich zu durchschnittlichen Kinoproduktionen - extremen Zeitaufwand (Die Produktion seines letzten Films, Die Reise ins Glück, dauerte zwölf Jahre) und dadurch, dass er als Produzent, Filmverleiher, Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann zugleich arbeitet.
Neben seiner filmerischen Tätigkeit verfasst Storch Kolumnen für die Zeitschrift konkret, die 2009 in Buchform unter dem Titel Der Bulldozer Gottes erschienen. Ebenfalls 2009 drehte Storch das Musikvideo zur Single Altes Arschloch Liebe von Bela B.
Mit Saskia is‘ aus und ich wohne wieder bei Mutter. Saskia sagt: “Du ziehst mich körperlich nicht mehr an.” Ich: “Ich will dich ja auch nicht anziehen...sondern aus.” Weil ich gerne mal Spaß mache. Aber ich bin eh alterschwul geworden. Die feuchte Aussprache kommt davon, weil ich mir das Flugzeug selber zusammengeklebt habe, aber falschen Kleber genommen: Kittifix, alte Ostrestbestände - wieder an der falschen Stelle gespart. Und Aluminiumnieten statt Stahlnieten. Gröbste Schnitzer im Flugzeugbau. Sonntag ist Anflug. Was in 500, 1000, 7000 und 8000 Meter dann alles abgeht, rappelt und kotzt - spottet jeder Beschreibung. Als Zugabe gibt ́s schweinische Lieder zur Quetschkommode.
TätterätätäÄ!
In seiner großartigen Umsicht hat der Vater vom Heiland der Comedy Lounge ein neues Kindlein in die Krippe gelegt.
Sein Name ist Philipp Moll, sein Beruf ist Praktikant in der Lounge.
Ich lüpf die Mütz, mein lieber Herr Kometenzählverein! Da kamen sie wieder, die Leute, so zahlreich erschienen sie, wie man es ihnen wohl auch geraten hätte. Denn wer fehlte am 14. Mai, im großen Festsaal von dem KOMM, der verpasste glattestens eine fulminante Show. Der Schulgong schlug die achte Stunde, auf dass jede Armesünderseele im Saale zitterte bangend davor, dass der große Meister Egersdörfer herniederfahre auf die Elendsgestalten, um zu scheiden die Depperten von den Doofen.Doch dann: Überraschung! Die Stimme der Egersdörferschen Gefährtin Carmen erklang aus den Lautsprechern, von hinten hatte sie sich herangeschlichen und begann vollkommen unerwartet den traditionellen Spaziergang des Schreckens.
Was war geschehen? Ein Putsch? Ein Schisma? Nicht wenige Anwesende dachten schon, Carmen hätte den Matthias E. (190-189-190) dödelig geschlagen, gefesselt, kopfüber in die Kartoffelkiste gesteckt, mit nichts anderem bekleidet als einem weißen Feinripp-Unterhemdchen, und wolle ihn nach der Show zerhackstückeln, anbraten und auffressen … kurz: der Abend hielt von von Anfang an sein Versprechen, überaus skurril zu werden! Einen Spaß würde sie es nicht nennen, was uns erwartete, verkündete Carmen ungewohnt undevot. Die schlechten Aussichten unterstrich sie durch ihre wie immer gekonnt grässliche, ganz grausam hässliche kotzviolette Bluse. Darin hatte sie definitiv nicht mehr viel zu verlieren und bohrte im Publikum nach unterhosenlosen Sexualwichten, Hartz IV-Schmarotzern und Alkoholikern. Zwei ungezogene Zuspäterscheiner verwies sie in die letzte Reihe und forderte die männliche Hälfte der Erdbevölkerung (Mensch) nachdrücklich auf, sie während der Pause in begattender Absicht in der Garderobe aufzusuchen. Wohl niemand wird je erfahren, wie viele Lüstlinge Folge leisteten ... Nur eine Millisekunde lang ließ sich ein abgebrühtes Publikum täuschen, als Carmen, die offensichtlich irgendwann keine Lust mehr hatte, sich mit einem unkooperativen und ungebildeten Publikum auseinander zu setzen, schließlich den ersten Akt des Abends ansagte: einen Neukommer, den sie angeblich in einem öffentlichen Pissoir in Fürth aufgegabelt hätte.
Die versteckten Hinweise (Fürth, Pissoir) waren schlichtweg eindeutig – natürlich war es der dreieiige Zwillingsbruder des feinen Herrn Egersdörfers, der unmittelbar vor der Geburt in den Kopf des Originals gefahren war und sich dort seit Jahrzehnten von den Haarwurzeln seines Wirtes ernährt. Meister Egersd. himself wirkte dementsprechend angepisst und grimmig, noch schlechter gelaunt als sonst, unwirsch und im Grunde seines Herzens miserabel ausgeschlafen. Seine Ansprache hub mit an mit der Klage, welch schlechter Einschläfer er sei. Dass er in freistehenden Betten überhaupt kein Auge zu tun könne, und dass er Leute hassend bewundere, die im Niedersinken einschliefen, noch ehe sie die Matratze berührten. Und manchmal zu allem Überfluss wie ein Klaus Hammerlindl dabei ein Glas Bier in der Hand halten und dort haltend belassen könnten. Dass er sich früher selbst in den Schlaf wog, gestand der Meister, indem er hinter geschlossenen Augen reihenweise Chemielehrer und Supermarktkassiererinnen mit großkalibrigen Waffen abknallte und wegpustete, als sei er der Hauptdarsteller in einer schlechten Pulp-Fiction-Persiflage. Zerplatzende Köpfe, Blut, das in Strömen fließt, schreiende Opfer – man darf wohl froh und glücklich darüber sein, dass Matthias E. diese intimen Geständnisse erst jetzt, da er sich eine gewisse Narrenfreiheit erarbeitet hat, macht, denn sonst müsste man zur Comedy Lounge wohl schon seit Jahren zur Präventivabteilung in die Mannertstraße 36 pilgern. Wie dem auch immer sei – in seinen jungen Jahren pflasterten Leichen den Weg in seine Träume, bis er des Massenmordens überdrüssig und dieses somit als Waffe gegen die Schlaflosigkeit stumpf geworden sei. Zu gegebener Zeit lösten dann Selbstmordphantasien das ab, wofür die meisten anderen Menschen Schäfchen herbeizitieren. Egersdörfers suizidale Schilderungen werden noch hier einen Tick eigenwilliger und persönlicher, rühren phasenweise bereits an jene gewisse Stelle, auf die man drücken muss, um den Magen nach außen zu stülpen. Doch letztenendes sei auch der Suizid, so M.E., auf Dauer kein gangbarer Weg mehr gewesen. Heute stelle er sich einfach vor, er sei an einem anderen Ort, auf der Alm, auf einer Ölplattform, am Strand einer Lagune, womöglich begleitet von barbusigen Sennerinnen bzw. anderem entsprechenden Personal. Und überraschte uns alle mit der Erklärung, soeben einen Lobgesang auf die Altersmilde vom Stapel gelassen zu haben. Müssen wir uns Sorgen machen? Vorerst noch nicht, denke ich, auch wenn mir die kuschelnden Gerüstbauer vom Anfang des Jahres beträchtlich besser gefallen haben. Carmen wiedererscheint und liefert sich ein kurzes Scharmützel mit ihrem Bühnenpartner – der weist sie endlich gebührend zurecht, auf dass sie gefälligst schweige mit ihren üblen Lügengeschichten aus der Psychiatrie und anderen ekelhaften Themen, die auf der Bühne nichts verloren haben.
Der Lichtkegelwerfer wird hochgefahren, auf der Leinwand glühen Farben und Linien auf: die Zeit des gezeichneten Witzes bricht an, indem der einen Hälfte des berühmten Duos „Rattelschneck“ das Wort erteilt wird. Aber was dann kam – ich muss sagen: was sollte das denn? Heimatland! Ich konsumiere immerhin seit November 1979 die TITANIC und war absolut hin und weg und begeistert, als Anfang der 1990er darin die ersten Primitiv-Cartoons auftauchten, scheinbar dreckig hingerotzt, obszön, anarchisch, mindestens schmerzhaft, häufig sogar selbstmordanschlagsmäßig krass. Rattelschneck waren Pioniere, die Speerspitze des anarchischen Comics und Stulli das Pausenbrot schrieb ganz groß Geschichte. Bloß live auf der Bühne? Mit so viel Enthusiasmus vorgetragen als ginge es darum, in einem leeren Stadtbus die Haltestellen durchzusagen? Wenn man den Sprecher nicht einmal sieht, der sich nicht zu schade ist, Pointen zu erklären, die jeder kapiert hat („die haben rasierte Beine“)? Also nein. Das war nicht gut. Überhaupt nicht. Da half weder Fräulein Harriet, die einen Part der Vorlesung übernahm, noch als Entschuldigung, dass der andere Rattelschneck nach Schweden gereist war. So leid es mir tut: diese Vorstellung war eine Zumutung. Rattelschneck tun sich keinen Gefallen damit, derart uninspiriert und gelangweilt ihr Ding ab- und runterzuspulen. Sie verprellen die alten Fans und gewinnen keine neuen – all dies haben die an sich großartigen Witzzeichnungen nicht verdient. Zurück ins Kämmerchen, lautet meine Empfehlung, und die live performance nochmal gründlich überarbeiten! Vielleicht auch einfach mal zugucken, wie Hauck&Bauer oder unser Gymmick es machen - Dass Rattelschnecks Auftritt in die Hose ging, fiel auch deswegen auf, weil der Abend für meinen Geschmack extrem gut besetzt war.
Sonst kein Ausfall, kein Flachwitzler, keine Karnevalsnase. Die Lokalmatadoren solide, das Interview fabel- bis sagenhaft, der Gastkabarettist eine Art Epiphanie. Letzterer ist nämlich seit diesem Abend mein persönlicher Favorit - und so sehr ich alle Künstler, welche die Bühne bevölkerten, schätze, liebe und verehre – eindeutig und überragend war: Hans Krüger als der Pilot. Ich kenne nur ein oder zwei andere Menschen, die gerade annähernd so vielfältige Geräusche ausspucken können wie Krüger. Dieser spricht und gurgelt und pfeift, als hätte man ihm ab Werk drei Luftröhren und vier Klappenapparate in den Oberkörperkasten montiert. Hans Krüger dürfte zudem einer der seltenen Kunstkomiker sein, die das Puppenspielerhandwerk a) in der DDR und zwar b) auf einer speziellen und vermutlich linientreuen realsozialistischen Berufsfachschule gelernt haben. Ein Profi mit Talent, was keine Selbstverständlichkeit ist, virtuos und vielschichtig, mit tausend Zungen begabt, des pfeifenden „s“ mächtig und voller Imagination und Strahlekraft, so dass die Aluminiumleiter, die Hans Krüger bestieg, tatsächlich 7.000 Meter hoch zu sein schien. So viel Artistik war selten in Egersdörfers Comedy Lounge, wo normaler Weise der Geschicklichkeitshöhepunkt darin besteht, dass der Gastgeber vom Sofa aufsteht. Ich fand es brillant, wie Krüger den Berliner Volldeppen gibt, der versucht mit der U-Bahn nach Nürnberg zu fahren Der so überdreht und aufgeregt mit einer toten Ratte fuchtelt, dass jeder durchgeknallte Speedkopf in Berlin Mitte gefasst wie ein Nachrichtensprecher im ZDF wirkt. Der bis an die Grenze zur Unverständlichkeit spotzt und stottert, wie mein 4-jähriger Neffe, nachdem er zum ersten Mal gesehen hat, wie der Rasenmähermotor anspringt und blaugrauen Qualm abbläst. Den ersten Teil seines furiosen Auftritts beendet Krüger mit dem wohl geistreichsten Schluss, dem ich je beiwohnte, indem er mitten im Satz sagt: „ich hör auf, ich bin erschöpft“. Und ab geht er. Dass sich Hans Krüger im zweiten Teil nach der Pause noch einmal selbst übertraf, möchte ich kaum noch erwähnen müssen. Diesem Mann wünsche ich die allergrößte Aufmerksamkeit eines unermesslich zahlreichen wie zahlungswilligen Publikums.
In der Pause legte irgendein gebildeter Mensch an der Technik die Platte „Who's Next“ von The Who auf, was mich „ein Stück weit“ mit dem schlechten Licht versöhnte, das im KOMM doch eigentlich nicht notwendig wäre. Pausenüblich strömte alles auseinander, Bier wurde weggebracht und nachgekauft, und alle hatten ganz viel zu sagen, nachdem sie eine Stunde lang den Mund halten mussten. Eine Dame, die offensichtlich zum ersten Mal die Veranstaltung besucht, fragt völlig verstört einen Veteranen der Lounge: „Ist das immer so ein Quatsch?“ - Antwort: „Sehr scharf beobachtet, gnädige Frau! Mein Kompliment ...“
Als es weiter geht, nimmt Matthias Egersdörfer Platz auf dem Sofa, neben sich bittend einen der legendärsten Söhne Hildesheims, den Filmemacher Wenzel Storch. Egersdörfer zaubert nun quasi zum Auftakt der großen Nürnberger Wenzel-Storch-Festspielwoche ein wunderbares Interview, indem er nämlich alles richtig macht. Er lässt zunächst Wenzels Werk sprechen, danach Wenzel selbst und zwar ohne auch nur im Geringsten mit der Zeit zu geizen. Im Gegenteil: der dicke Mann aus Lauf rechts der Pegnitz entblößt sich zum wiederholten Male als armseliger Protestant, dessen Neid auf den Katholizismus aufglimmt angesichts des prall-dreisten Kunterbunts und obszönen Geweses der päpstlichen Heerscharen. Und im Prinzip dürfte niemand im Saale anwesend gewesen sein, welcher nicht einem Gastgeber zugestimmt hätte, der frohlockt, er könne „von dem Zeug“ gar nie nicht genug kriegen. Wenzel Storch dagegen entfaltet seine ganze pfauengleiche Pracht – Szenen aus seinen überbordenden Ausstattungsfilmen (bis zum heutigen Tage deren Stücker drei), wilde Anekdoten aus den Drehtagen, über unbezahlte Bären und abgesägte Beine, über Vermieter, die zwischen den Rhabarber kacken, über die komplette Kirche, die Herr Storch in seiner Wohnung aufbaute, um quälend blutige Szenen darin drehen zu können, und die Aufarbeitung der röm.-kath. Erweckungsliteratur der frühen wie späteren Nachkriegsjahre. Vor allem das letztere Thema behandelt Storch dann während eines Lichtbildvortrages, der im Wesentlichen die Titelseiten von Druckschriften zur Darstellung bringt, deren Aufarbeitung Storch sich zum Anliegen gemacht hat. Über Wenzel Storchs Werk ist anderweitig bereits genug gesagt und geschrieben worden – sein Auftritt als Lichtbildvortragender jedenfalls ist ungewöhnlich, mirakulös komisch und exotisch-abwegig. Eine seltene Perle, die jedem sofort begeistert. Werbeanzeigen aus dem 1970ern, Abschnitte aus Petzi-Heften (die das „Bums-Tier“ behandeln), Missionars-Romane, „Leuchtfeuer Ministrant“-Propaganda-Heftchen, erotische Kontaktanzeigen aus den 1980ern, das berühmt-berüchtigte „Fick & Fotzi“-Comic – ein irres Durcheinander, eine bunte dadaistisch-sexuelle Melange, die zusammengehalten wird vom Obszönen, wenn es absurd wird - oder umgekehrt. Storch beschreibt, er fällt keine Urteile. Er zeigt, was er zeigen möchte, und überlässt die Schlussfolgerung seinen Zuhörern. Er ist bildender Künstler, ein Berufener und kein berufsmäßiger Philosoph. Seine Botschaft ist dennoch glasklar in der Zusammenstellung enthalten und vermutlich gerade deswegen so unterhaltsam. Ob er an einem nächsten großen Film arbeite? Nein, erwiderte Storch, es sei ihm zu viel Arbeit, die Altstadt von Prag nachzubauen, und Filmförderung erhalte er zudem wenn überhaupt, dann immer nur unzureichend wenig. Dies zu bedauern ist meiner Meinung nach aller Bürger vornehmste Pflicht!
Nu, und wer durfte auf keinen Fall und unter keinen Umständen und definitiv nicht fehlen? Freilich der Praktikant, Philipp gerufen zum ersten, Balthasar zum zweiten und generell Moll, die ganze Sippe. Immer noch erscheint ihm die Maria, immer noch erleidet er Blutung und Vision. Einen fabulösen Haiku spendiert er uns zur alternativen Medizin, und alternativlos ist seine Wortakrobatik. Moll erweist sich wieder einmal sprachlich so innovativ wie die Kambrische Explosion, als er fortfahrend ein Fenster öffnet, auf die einzelne Polle als solche und das Geräusch beim „Aufklatschen eines monumentalen Lungenherings auf dem Trottoir“. Ganz wunderbar ist das und dürfte auch der verwirrten Dame aus der Pause verständlich gemacht haben, worum es bei dem ganzen Trara geht. Alleine eine Winzigkeit ist da, die andererseits ich nicht verstehe, und je länger ich darüber nachdenke, desto weniger: wieso muss einer, dessen Sprache so strotzend vor Einfällen, dessen Bilder so minutiös sind, dessen Duktus aus der Langsamkeit die Kraft des Elefanten zieht – wieso muss so einer, der es echt drauf hat, die Stimme ganz albern verstellen, als spräche da ein Kobold oder ein Schlossgespenst? Denn wer etwas auf den Arm nimmt, kann kaum zugleich sich selbst auf den Arm nehmen. Und was ironisch gemeint ist, wird durch einen den Vortrag ironisierenden Ton nicht noch ironischer sondern annihiliert gegenseitig die Wirkung. Mein Wunsch: einfach reden, wie es rauskommt, ohne Verfremdung noch Rollenspiel.
Ach ja – ehe ich es vergesse: ganz fundamental grottenschlecht und allen Regeln der Kunst Hohn sprechend war der gespielte Witz zum Abschluss, den wir angelegentlich der letzten Veranstaltungen schmerzlich vermisst hatten. So wunderbar schlecht war der Dialog diesmal, dass es schon wieder arg schön war und Frau Schulz, die übrigens beim im kommenden Herbst durchstarten werdenden neuen Programm M. Egersdörfers Regie führt, zu höchster Ehre gereichte. Chapeau! Der Termin für die fucking nächste Comedy Lounge wird sein und ist der 18. Juni. Diesmal mit grandiosem Preisnachlass, dank der totalen Niedrigzinspolitik der fucking Europäischen Zentralbank. Checkt alle ein in die Deflation - Hell jäh!