Freie Platzwahl. Einlass um 19:00 Uhr.
Karten ab 19:00 Uhr an der Abendkasse oder im Vorverkauf 8 Wochen vorab bei
DEUERLEIN Buch · Wein · Caffè
Lorenzer Str. 33 (Marientorzwinger), 90402 Nürnberg
Montag bis Freitag: 9 - 19 Uhr, Samstag: 9 - 16 Uhr
Tipp: An der Abendkasse erhalten Sie auch Karten für die beiden jeweils nächsten Termine.
…In seinem Programm zelebriert der Fürther das Fabulieren, das Auswalzen von bisweilen irrsinnigen Geschichten mit verrückten Ideen, mit immer noch skurrileren Wendungen und maßlosen Übertreibungen. Griesgrämig bis wütend, derb im Ausdruck und gerne im Ordinären wühlend, gibt er auf der Bühne in deftigem Fränkisch den polternden Proleten – was bei einem Teil des Publikums tiefste Lachfalten, bei manchen Zuschauern aber auch Stirnrunzeln verursachte. Ein Auftritt, der zweifelsohne polarisierte… (Fränkische Nachrichten)
Hauck & Bauer machen seit ihrer Schulzeit zusammen Witze. Seit 2003 auch öffentlich. Ihre Cartoons und Comics erscheinen regelmäßig in der Titanic, auf Spiegel Online und und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ("Am Rande der Gesellschaft").
Ihr Live-Vortrag ist ein Fest für alle Sinne - außer für den Farbsinn, denn Hauck & Bauer-Witze sind schwarz-weiß.
Zum Aufräumen kommt ein Fernsehteam in die Wohnung, der Hund wird vom Profi erzogen, und die Frau getauscht, wenn sie im Kochduell verliert. Große Bereiche unseres Lebens konnten wir erfolgreich outsourcen, aber wenn es ans Eingemachte geht, müssen wir immer noch selber ran. Oder?
Nein. Zum Glück gibt es Dagmar Schönleber, die Frau, die sich an die ganz großen Themen wagt, an dem der Einzelne oft scheitert: Ist Amok laufen ein Ausgleichssport? Funktioniert die U-Bahn als Wellnessoase? Wie viel Superstar steckt in mir?
Ein bunter Abend mit stimmigen Texten, gestimmter Gitarre, gespickt mit vielen Geheimtipps und der beruhigenden Einsicht: Ein schönes Leben kann man sich bei Frau Schönleber anlachen, den Rest sollen andere übernehmen.
„Schönlebers Alltagssatiren zielen nicht auf Comedy-Klamauk, sondern beruhen auf fantastischer Beobachtung und feinem Sprachgespür." (Hamburger Abendblatt)
Timur Vermes wurde 1967 in Nürnberg als Sohn einer Deutschen und eines Ungarn geboren. Er studierte in Erlangen Geschichte und Politik und arbeitete anschließend als Journalist. Erst arbeitete er bei der Abendzeitung Nürnberg als Redakteur, dann als Kolumnist. Später arbeitete er für mehrere Magazine, zuletzt für die Mode- und Fitness-Zeitschrift Shape. Seit 2009 veröffentlichte er als Ghostwriter vier Bücher, zwei weitere sind in Vorbereitung. Zuletzt erschien von ihm die Hitler-Satire "Er ist wieder da" und tummelt sich seit Wochen an der Spitze der Spiegel-Bestseller-Listen.
Auf dem ehemaligen AEG-Gelände
Muggenhoferstraße 132 Halle 50A
90429 Nürnberg
Telefon: 0911 307 358 40
http://www.robrock.de
Also jetzt mal ganz ehrlich. Der Egersdörfer sieht zwar schon recht passabel aus. Aber dass bloß deswegen gleich eine derartig hochkarätige Besetzung ins warme Nest aus Eisen und Stahl vom Meister Robrock pilgert? Das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Nicht nur dass Dagmar Schönleber aus Köln angereist kam, nein. Auch Hauck & Bauer kamen den weiten Weg von wo immer auch her zur Comedy Lounge und sogar Timur Vermes quälte sich aus dem Haus, um sich durch Eis und Schnee nach Muggenhof zu schleppen. Dabei hätten die alle zusammen das doch gar nicht mehr nötig! Vielleicht wollten sie alle zusammen auch nur den Praktikanten sehen, der dann in der Tat prompt zur Höchstform auflief, doch dazu später mehr.
Wer schon öfters das zweifelhafte Vergnügen hatte, pünktlich da zu sein, hat sich unweigerlich eine Strategie zurecht gelegt, für den Fall, dass Meister Egersdörfers popelnder Blick ihn erfasse wie der Fliegenfänger einen berüsselten Fleischwurstbomber. Für den Ernstfall, dass er, der längst gekrönte König des Spaziergangs der Schrecknis und der Demütigung, einen sich herauspicke, während er den Mittelgang vor zum Podium schleicht.
Und wen zerrte und pokelte er da nicht alles hervor, zwischen dem, was sich da auf und unter und zwischen den Stuhlreihen festgesessen hatte! Die komplette Weihnachtsfeier vom Antiquariat Deuerlein, wo nette Menschen bei netten Gehilfinnen nette Karten für die Comedy Lounge erstehen. Die allseits bekannte Frau mit den Übergangsstiefeln, die inzwischen Winterstiefel anhat, mitsamt Eingriff für die Brotzeit. Einen Mann mit Bart und einen anderen mit Frisur. Und einen dritten, dessen Frau zuhause menstruieren muss. Sowie einen ungeduldigen Nürnberger Schriftsteller, selbst ein Fürst seines Metiers, der zur Zügigkeit rät, doch damit beim Egersdörfer auf eine Kontinentalplatte der Renitenz stößt.
Ein erster Hinweis also, dass diese letzte Lounge des laufenden Jahres literarisch zu werden versprach, und der Meister himself hält das Versprechen, indem er aus seinem kleinen orangefarbenen Büchlein vorliest, das den schönen Titel „Rotkehlchen umschwirren mich" tragen darf. Er liest den ersten Teil der großangelegten Restaurantkritik, stolpert putzig durch den Text, der letzten Endes nichts als eine obschon unbeholfene, so doch grandiose Liebeserklärung an seine Gattin ist, und so ehrlich auf das Publikum herabschwebt wie frisch gefallener Schnee. Die angebetete Natalie De Ligt bringt anschließend ostentativ ihr eigenes Exemplar des Buches mit zum Mikrofon, um den zweiten Teil von „Der gemeinsame Besuch einer Pizzeria ist absolut zu empfehlen" zum Besten zu geben, und wir erfahren alsbald die ganze Wahrheit über den sauberen Herrn Egersdörfer: „Mein Mann ist lieb, aber er verdient sein Geld zu leicht." Darin gipfelt das sensationelle Enthüllungsdramolett, und frei jeglichen Neides möchte man laut rufen: recht so! Oder: egal, einfach weiter machen! Was auch immer.
Den Staffelstab reicht Frau De Ligt, die sich den großen Applaus redlichst verdiente, an Dagmar Schönleber weiter, ein Name, der auch als Pseudonym ziemlich exakt passen würde. Schönleber berichtet abwechselnd aus Köln und Ostwestfalen, bei diversen Schnurren zum ritualisierten Alkoholabusus kommen zahlreiche Lebern auf ihre Kosten, und auch das Schöne bekommt sein Scherflein rechtschaffen kredenzt, wenn über mobbende Burnies, Aulophobie und Köln-Bickendorf hergezogen wird. Was Frau Schönleber bezweckt, bleibt jedoch zunächst unklar. Will sie Kalauer über den Karneval erzählen, wie man sie sonst nur auf Karnevalsveranstaltungen hört? Ist sie die Hundertste Sozialpädagogin, die Hera Lind doof findet, aber über weibliche Befindlichkeiten der ungefähr 40-jährigen ewigen Punkrockerinnen schwadroniert? Irgendwie beschränken sich die Zutaten anfangs auf maximal unoriginelle Themen wie Männer, Fitnesswahn, in Alkohol aufgelöste Gewalt und Karneval (als Synonym für Köln). Und ich meine, dieses Gericht bereits oft, vielleicht zu oft gekostet zu haben. Doch während ich schon befürchte, als nächstes Witze über die Gentrifizierung im Prenzlauer Berg, die Bundesbahn und den Besuch des Bio-Supermarktes über mich ergehen lassen zu müssen, dreht Schönleber auf. Sie greift zur Gitarre und spielt und singt das „Liebeslied", und ich konstatiere, dass sie sich nicht zu Unrecht in die Nähe der Ärzte stellt, indem sie sich als großer Fan der Kapelle bezeichnet. Ihre Stimme wird laut und lebendig, wie ein Bienenstock, auf den der Knüppel niedersaust. Sie lässt diese Stimme ungebremst an Gefühle stoßen, so dass es knarzt und scheppert. Hier ist sie endlich, die doppelte Ironie, in deren Tiefe sich die Künstlerin offenbar erst vorarbeiten musste, wie eine Höhlenforscherin des Komischen. Auch das zweite und dritte Lied, „Aufstehen" und „Conny & Horst", die sie nach der Pause spielt, sind große Klasse - total einwandfrei und wunderschön!
Dann war der Praktikant an der Reihe, der sich wahrscheinlich noch einmal schnell die vor Lampenfieber feuchten Hände mit Meister Robrocks Schweißbrenner trocken föhnen musste, damit ihm nicht das patschnasse Manuskript zwischen den schinkengroßen Pratzen zerisse. Egersdörfer nutzte die Zeitlücke geschickt, um über die gemeinsam genossene Bibelstunde zu palavern, als sich die frommen Buben in Lauf, links wie rechts der Pegnitz, gegenseitig jene schweinigeligen Seiten im Heiligen Buche empfahlen, auf welche sich besonders gut Notzucht mit sich selbst treiben ließ bzw. lässt. Ja, protestantische Kirche - das hättest Du nicht gedacht? Dass da ein unheimlich fruchtbarer Same auf die Erde fiel, nachgerade dahin, wo er Deiner Absicht nach wohl nie hätte landen dürfen. Aber umso besser, denn sagenwirmal um die dreißig Jahre später erklommte in der Folge Philipp Moll das Podest und erfüllte das gewaltige Schauspielhäuschen mit geschliffenen literarischen Perlkirschen, er selbigst wie über dem hohlen Zentrum eines Frankfurter Kranzes thronend.
Gesponsoriert von einer Stiftung, deren vollständiger Name mit „H" beginnt und sich mit „ans-Seidel" fortsetzt, entführt uns Bürger Moll in die „Schule für Wahrnehmungsverdickung", in der gelehret wird die heilige Trias aus Lyrik, Brief und nochmalig Lyrik. „Herbst III" heißt das Gedicht, das noch auf dem Seziertisch der interpretatorischen Anatomie strahlt und hüpft wie eine begattungswillige Häsin im Maiengrund. Selten noch erlebte ich, wie Sprache durchs bloße Vorbeigehen veredelt, durch einen saufiesen Wechsel des Betrachtungsstandpunktes ein und derselben Materie erhöht wurde. Ein ganz einmaliger Vorgang.
Danach folgte aus meiner Sicht der Höhepunkt des ganzen Abends, der beste „Brief an mich selbst", den ich bisher genießen durfte. Eine orgiastische Fieberfahrt in die Republik der Mumu, welche selbst eine beispiellose Scheußlichkeit darstellt und mühelos als eine zeitgenössische Politikhetäre erkannt werden mag. Umtanzt von einem aberwitzigen Panoptikum, das einer unausdenklichen Geisterbahn entlehnt zu sein scheint, das zu lieben allerdings man strengstens sich selbst zu untersagen hat, da es die Regierung gar selbst ist.
Bin ich denn wahrhaftig ein solch fader Morschpfosten, dachte ich mir, dass mir so etwas im Leben drei Mal nicht einfiele? Oder schloss der Kerl ein Bündnis mit dem stinkigsten Satan der Dichtkunst? Unterschrieb den Vertrag mit Blut- und Leberwurst, auf dass er auf Erden nie mehr fehl gehe bei der Anordnung unendlich vieler Buchstaben zu formidablen Worten und Sätzen und Reimen und ganzen Passagen und Litaneien?
Doch ich beginne zu faseln und will es dabei bewenden lassen, ehe sich der Moll noch für die Schleimerei genieren muss. Vergeblich ist der hilflose Versuch, die aus der Südstadt herbeigewanzte Epiphanie der Poeterei zu beschreiben. Man muss es selbst erlebt haben, alles andere giltet nicht.
Dann übernahmen Hauk & Bauer das wild schwankende Comedy-Schiff und bewiesen mit ebenso großer Routine wie Reichtum an Geist, dass sie professionelle Kapitäne sind, in jedem Sinne des Wortes. Bei diesem Auftritt konnte einfach nichts schief gehen. Ein paar Comics auf die Leinwand projiziert, im Duett vertont von dem kongenialen Zeichnerpaar, und bis auf drei oder vier etwas maue Altbackwerke insgesamt eine explodierende Scherzfabrik abgebend, die man gleich nochmal besichtigen möchte. Und nochmal, und nochmal ... Ich frage mich, wieso man überhaupt noch zu Hause, still und alleine die winzigen Witzbildstreifen in einer sperrigen Zeitung eines Blickes würdigen sollte. Cartoons sind dafür geschaffen, in voll besetzten Sälen auf riesigen Leinwänden gezeigt und vorgelesen zu werden. Aber schon klar: ohne Zeitung keine Cartoons, ohne Cartoons keine voll besetzten Säle usw. jaja.
Ein Höhepunkt unter vielen war schließlich der Auftritt von Timur Vermes, ein Sohn der Stadt Nürnberg, ehemaliger Abendzeitungsredakteur und Ghostwriter von Mundharmonikaspielerautobiographien. Vermes schrieb im vergangenen Jahr den Bestseller „Er ist wieder da", und er, Vermes, ist zum Glück nicht Tommy Jaud. „Er" wiederum ist ein gewisser, dank allem, was Recht und Gut ist, vor einiger Zeit endgültig auf den Müllhaufen der ewigen Idioten geschlonzter GröFaZ, dessen Namen in die Tastatur zu drücken sich meine Finger weigern.
Timur Vermes ist einer, der weiß, wie man Bücher schreibt. Und er weiß, wie man davon erzählt, wie man ein Buch schreibt, und zum allem Überfluss macht er das mit soviel Charme und feiner Ironie, dass der Kerl wahrscheinlich persönlich Hüttlers Adolf noch rechtzeitig davon überzeugt hätte, die Welt bitte in Frieden zu lassen und demokratische Neuwahlen anzusetzen.
Egersdörfer führt elegant wie eine Elfe durch das Frage-und-Antwort-Spiel, obwohl er neben dem filigranen Schöngeist Vermes wirkt wie ein rotbehemdeter Koloss aus Stiernacken und Koteletten. Er muss sich aber nicht groß dabei anstrengen, ja nicht einmal die angedrohte Kopfnuss realisieren, denn Vermes spricht bereitwillig ins Mikrofon und erklärt entspannt, was ihn veranlasste, reich und berühmt zu werden, so dass auch der letzte Doldi kapiert, dass man vor allem ordentlich nachdenken muss dabei, sonst wird's nix. Zur jedermanns Erleichterung stellt Literaturkritiker Egersdörfer auch die alles entscheidende Frage: „Steigen [wegen des Bestsellers] die Chancen bei den Weibern?" ... ich schätze, in der Nacht wurde bei Egersdörfers zu Hause noch an gewissen Details der Karriereplanung gearbeitet.
Der Meister jedoch wäre nicht der Meister, wenn er nicht noch ganz zum Schluss ein Kleinod aus seiner Zaubereraktentasche gezogen hätte, nämlich Texte des 2010 unverdientermaßen gestorben seienden Dietmar Burdinski, die kürzlich von Rainald Grebe herausgegeben wurden. Zwar auch hier die altbekannte Dreifaltigkeit der Geißeln der Familie: Abscheu auf den Nachwuchs, Suff und eheliche Zerrüttung. Konventionell also und abgenudelt? Gerade das Gegenteil ist wahr: Nicht zuletzt dank des Vortrages eines gekonnt in den Geist des Wahnsinns hinein schlüpfenden Egersdörfers materialisiert sich förmlich ein funkelnder Diamant der Hochkomik. Die Synthese aus Abscheu und Fröhlichkeit gelingt, die widerwärtige Realität tritt einen Schritt zurück und hält für eine Weile ihr Maul. Ein Weihnachtsgeschenk, täte ich sagen, wenn man mich fragte, und zwar von Leuten, die sich auskennen, für Leute, die selbiges zu schätzen wissen.
Nahtlos anschloss sich die viereinhalbstündige Weihnachtsansprache des Gastgebers, im Verlaufe derer er uns wie jedes Jahr endlos langweilte mit Empfehlungen zu Einkauf, Aufstellung und Ausrichtung des Christbaums („so lange drehen, bis er nicht mehr ganz scheiße aussieht"), ehe er endlich erschöpft und mit Schaum vor dem Mund zusammenbrach und somit unwillentlich Platz machte für die anderen Künstler, welche das mehr als verdiente Begeisterungsgebrüll einer entfesselten Menschenmeute mit exquisiten Lächeln goutierten. Ein fantastischer Abend, an dem wo sich keiner nicht wunderprächtig amüsiert hätte, und alle, die diesmal nicht da waren, haben echt was verpasst. Ätschbätsch.
Nächste Gelegenheit: am 8. Jänner 2013. Acht Uhr. Robrock.