Künstlerhaus im KunstKulturQuartier - Festsaal
Abendkasse: 16.00 € / ermäßigt: 10.00 €
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Fühlen Sie sich beobachtet? Haben Sie Angst vorm Fliegen, vor Fliegen oder davor, dass Erdnussbutter an Ihrem Gaumen kleben bleibt? Willkommen im Club!
Schließlich gibt es über 600 anerkannte Phobien – Grund genug für ein Kabarettprogramm.
Frank Fischer, selbst stolzer Besitzer verschiedener Ängste und bekennender Hypochonder, zeigt, dass in dem Thema mehr Komik steckt, als man vermutet. So bezeichnet beispielsweise Hippopotamomonstrosesquipedaliophobie die Furcht vor langen Wörtern.
Wie ein Speichelsauggerät beim Zahnarzt zur ernsthaften Bedrohung werden kann und wieso die ZDF-Hitparade in seiner Kindheit als Ersatz für Horrorfilme diente – all dies schildert der Gewinner zahlreicher Kabarettpreise in vielen absurden Geschichten. Dabei zeigt er anschaulich, dass auch die Angst vor Herbert Grönemeyer oder der fränkischen Bäckereifachverkäuferin durchaus berechtigt ist.
Achtung: Humor ist eingeplant. Zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen befragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker. Wenn Sie aber zum Lachen nicht alleine in den dunklen Keller gehen möchten, dann sind Sie hier genau richtig. Nur keine Angst!
Wehe, die Welt wird jeden Tag ein wenig mehr von Leistung bedroht.Einzig in den entlegenen Tälernder Shan Berge befindet sich einsagenumwobenes Kloster, in demdie ehrwürdige Kunst der Nutzlosigkeitgelehrt wird. Sven »Seven« Kemmler macht sich auf die Reise,um dort die 36 Kammern der Nutzlosigkeit zu durchlaufen.
„Das Bundeskabinett – das wäre ein Thema, oder Europa oder Männer und Frauen. Ein Abend, der – im besten Fall – das bringt, was man üblicherweise erwartet. Sven Kemmler macht von der ersten Minute an klar, dass er in eine ganz andere Richtung aufbrechen wird, und am Ende dieser Reise wird man Merkel, den Euro oder die Handtasche keine Sekunde vermisst haben. (…) Die Lehre vom gehobenen Nonsens wird hier verbreitet, sie macht das Publikum zu Jüngern, die jedes Wort in sich aufsaugen (sollten). (…) Es ist brillant, wie der Kabarettist mit dieser verklärten Welt spielt, mit Meistern bekannt macht, die ‘Leere Schublade’ oder ‘Weißes Altglas’ heißen und ein wunderbares Deutsch mit asiatischem Akzent sprechen.“
Münchner Merkur
„Nach wie vor der beste Japaner-Darsteller in deutscher Sprache.“
AZ München
„Kemmler ist die lange fällige Verjüngungskur, die sich der Poetry Slam aus dem Kabarett geholt hat, das Kabarett aus der Literatur und die Literatur aus dem Sven-Buddhismus.“
Mathias Tretter
„Der leichte Weg ist auch der richtige Weg.“
Bruce Lee
Carmen Schulz, die nur mit einer Geburtszange auf diese Welt gezwungen werden konnte, verlebte eine traurige und schmerzhafte Kindheit in einer Klosterschule. Dort hauste sie von den Nonnen geduldet im Klosterkeller, da ihre leiblichen Eltern den Anblick ihrer Tochter nicht länger im eigenen Hause ertragen konnten. O-Ton Mutter: „Schon als ich sie das erste Mal sah, war mir klar, das ich dieses Kind niemals lieben werden kann.“
Eine großartige Wende erfuhr ihr Leben erst, als sie vor 9 Jahren den Kabarettisten Matthias Egersdörfer kennenlernte und die beiden schon bald ein Paar wurden. Bei ihm findet sie alles, was sie zuvor nie bekommen hat: Einen warmen Schlafplatz und Aufrichtigkeit. O-Ton Matthias: Jeder Mensch hat ein Recht darauf, dass man offen und ehrlich mit ihm umgeht. Und wenn ich zur Carmen sage, dass sie nicht gerade mit Schönheit und Intelligenz gesegnet ist, dann meine ich es ja nur gut mit ihr. Matthias zu Liebe begleitet Carmen ihn immer wieder auf die Bühne, wo die beiden aus ihrem Leben plaudern. O-Ton Carmen: „Freude empfinde ich dabei nicht, ich weiß auch gar nicht, ob ich schon jemals Freude in meinem Leben empfunden habe, aber für ihn würde ich alles machen, was er von mir verlangt, wenn es ihn nur glücklich macht.“ Und wenn man sie und ihren geschunden Körper sieht, ist man sich plötzlich nicht mehr sicher, ob ihr nicht damals mit einer Abtreibung vieles erspart geblieben wäre.
Auch wenn Amnesty International und der WWF immer wieder versuchen die gemeinsame Shows zu verbieten und Carmen unter ständiger psychatrischer Betreuung stehen, zwingt Matthias Egersdörfer sie immer wieder zu Auftritten in ganz Deutschland.
Smokestack Lightnin' veröffentlichen mit „Stolen Friends – Recorded In Nashville,Tn.“ ihr 6. Studioalbum - Bernd Batke im Interview mit Matthias Egersdörfer.
TätterätätäÄ!
In seiner großartigen Umsicht hat der Vater vom Heiland der Comedy Lounge ein neues Kindlein in die Krippe gelegt.
Sein Name ist Philipp Moll, sein Beruf ist Praktikant in der Lounge.
…In seinem Programm zelebriert der Fürther das Fabulieren, das Auswalzen von bisweilen irrsinnigen Geschichten mit verrückten Ideen, mit immer noch skurrileren Wendungen und maßlosen Übertreibungen. Griesgrämig bis wütend, derb im Ausdruck und gerne im Ordinären wühlend, gibt er auf der Bühne in deftigem Fränkisch den polternden Proleten – was bei einem Teil des Publikums tiefste Lachfalten, bei manchen Zuschauern aber auch Stirnrunzeln verursachte. Ein Auftritt, der zweifelsohne polarisierte… (Fränkische Nachrichten)
Zappadauß, Völker! Ich sage es Euch gleich, mir schlägt die Hitze auf die Galle. Kochen tut's da drin in dem grünen Beutel, in dem die Schrecken der Wut und der Bitternis wohnen, und ich bin teils teils.
Teils höchst zufrieden und sehr glücklich, teils auch niedrigst verärgert und unversöhnlich. Aber so geht es einem, wenn er zur besten Comedy Lounge im uns bekannten Teil des Universums pilgert, um zu lauschen dem Meister Egersdörfer und seinen komischen Gesellen, die da kamen aus Nah und Fern ins Komm zu Nürnberg am Dienstag, dem 18. Mai im zweitausendunddreizehnten Jahre nach dem Jahr, welches giltet als das Nullte.
Ohne Mikrofon geht der Meister hinterrücklings auf die Runde, verbreitet zwischen den Reihen schleichend so viel Schrecken, wie ein scheinbar harmloser Spaziergang eben nur Schrecken verbreiten kann. Zart und ganz unverfälscht erklingt sein unverstärktes Stimmchen, süß und kräftig gar wunderbar zugleich, und Engelbert Humperdinck hätte den Herrn M. Egersdörfer wohl vom Fleck weg engagiert, würde der Laufer Kaventsmann (r. d. Peg.) nicht rettungslos den Wagners ihrem Richard sich verschrieben haben.
Im Zentralcafé drinnen sitzen wir heute. Draußen, im frühsommerlichen Atombackofen hat es fünfhundert Grad, obwohl ja inzwischen auch kein Mensch mehr diese Hitze brauchen kann. Scheiß Regierung. Die Bude jedoch ist voll, die Hinweisschilder klar lesbar und zweimal kontrolliert, selbst der letzte morsche Bimmelbammel fand seinen Weg, den richtigen nämlich, und Fürbringer, der edle Ritter, schleppt hurtig Extragestühl herbei, damit niemand stehen müsse, was ja doch nur des Meisters gefürchtete Neugier entzündet hätte.
Die weiße Hose, die er heute mit rotem Hemd, Glatze und miserabler Rasur kombiniert, ließ es vom ersten Augenblick an befürchten: Herr E. ist bestens gelaunt! Warum sie dachten, bei diesem Bombenwetter in die Comedy Lounge rennen zu müssen, fragt er die Herde, anstatt dass es, das einfache Volk, in aller Ruhe acht Seidel Bier auf dem Balkon presse.
Ein Herr, der sich – völlig vergeblich – in die hinterste Reihe verdrückte, um nicht angesprochen zu werden, klärt uns auf: er hätte die Karte gekauft, als der Sommer noch kalt und verregnet war, und mit gutem Wetter im Juni habe nun wirklich niemand rechnen können. Jaja. Die Frau mit den Übergangsstiefeln war an diesem Abend allerdings unentschuldigt ferngeblieben.
Egersdörfer erklimmt elegant das Podest, um die Gemeinde aufzurütteln und zu warnen. Kein billiger Klamauk werde geboten bei und in dem und mit dem, was nun folgen würde, und niemand könne es mehr verhindern. Vielmehr werde sich ernsthaft mit Philosophie, Oper und amerikanischer Volksmusik beschäftigt, und zwar ausdrücklich, damit es endlich wieder Protest und Zwischenrufe gebe, was diese Veranstaltung überhaupt noch mit Comedy zu tun habe. Geschehe dieses, so bitzele es ihm, verkündet Matthias Friedrich E., „am Spitzel“, auf dass er die innere Verrottung der Welt entlarve.
Egersdörfer bittet zunächst die Regisseurin und Schauspielerin Claudia Schulz zu sich auf die Bühne: Zweitausend Jahre Wagner. Tannhäuser. Schulz. Die logische Abfolge könnte klarer nicht sein. Der Meister und seine altbewährte Spielleiterin lassen die Katze aus dem Sack: im „Circuß Wagner“ (im Nürnberger Stadtpark) soll ein Spektakel veranstaltet werden (am 3. und 9. Juli), welches seinesgleichen in dieser Welt lange wird suchen müssen. Ja, auch in Bayreuth.
Egersdörfer grinst dabei als hätte er niemals nix mit nichts zu tun. Ganz doof guckt er aus der Wäsche, tut die ganze Zeit so unschuldig wie ein Zeisig.
Doch dann beginnt er, mit dem freien Stummelärmchen zu fuchteln wie ein steinzeitlich-kommunistischer Winkapparat, singt und spricht zum eigenen Dirigat so lieblich wie ein Seelöwe. Es stellt sich heraus, dass aus einem dieser kleinen gelben Reclam-Hefte, das er vermutlich am Fürther Wertstoffhof geklaut hat, abliest und trällert, und zwar eben gerade Tannhäuser, diesen obskuren Oberporno-Schinken aus der Feder des durchgeknalltesten aller deutschen Opernschmiede.
Frau Schulz, die in Wuppertal und Erlangen ihr schmutziges Handwerk erlernte, verspricht, einen Spitzengipfel der Wagnerei zu inszenieren – denn Egers übernimmt sämtliche Rollen vom Pferdeknecht zur Göttin Venus, den Staubsauger, die dauervögelnden Wuchtbrummen, das Uranbergwerk alsgleich die Lustgrotte herself. Das klassische Orchester mit dem leider etwas hirnrissigen Namen „ensembleKONTRASTE“ fiedelt und pfeift, alldieweil das Bühnenbild gestaltet wird von dreien der berufensten Gestaltern der Stadt und des Erdkreises: Anders Möhl, Philipp Moll und Martin Fürbringer. Eine „Meta-Nostalgie“ werde man induzieren, orakelt letzterer, nämlich qua gedrittelter und in contradictum dreifacher Collage. Man darf sich also jetzt schon fürchten!
Das ganze Team hört schon seit einigen Tagen fieberhaft CDs, liest Librettos und Analysen, und entleiht sämtliche Wagneriana aus der Stadtbibliothek bis der Strafgebühreintreiber im Morgengrauen die Wohnungstür eintritt.
Menschen mit Hau machen Oper mit Hau von Komponisten mit Hau. Mein lieber Arnold! Das sollte sich kein Seelchen entgehen lassen –
Es folgt: Frank Fischer – ein alter Freund und zum wiederholten Male Gast in der Comedy Lounge, schon seit den Zeiten des Club Stereo, des Gostenhofer Lofts und Meister Robrocks. Ein langjähriger Bekannter also, ein Veteran der Comedy und ein 100%iger Profi.
Und so leid es mir auch tut: genauso langjährig überholt und längst angestaubt wirken auf mich die Kalauer, die Fischer abfeuert. Ihr kennt Euren Kritikus und wisst, dass ich stets auf der Suche bin nach neuen Inhalten, nach neuen Konzepten, nach neuen Witzen – überrascht will ich werden und beeindruckt. Herr Fischer hingegen langweilt.
Wie?
Handwerklich perfekt vergeudet er sein Talent, Stimmen und Dialekte nachzuahmen in billigen Schaffner-Blödeleien. In äffischen Versuchen, Radio- und Fernseh-Werbung zu parodieren ohne indes zu merken, wie er selbst zur Parodie wird, zur Parodie eines Comedians, dessen Leben nur noch aus Zugfahrten und dem täglichen Konsum von 200 Privatfernsehkanälen besteht.
Und sei's auch nur für's Protokoll: Witze über die absurd klingenden medizinischen Bezeichnungen der zahllosen Spielarten krankhafter Ängste (unter anderem der „Bibliophobie“) sind seit ca. 15 Jahren out. Seitdem es nämlich bspw. im Internet zahlreiche Verzeichnisse, Blogs, Listen und Analysen dieser Begriffe gibt, die Beweis dafür sind, dass ein bestimmter Witzmechanimus ganz kurz, nachdem er massenkompatibel wird, ins Unerträgliche abstürzt. Vgl. „Häschenwitz“, „Blondinenwitz“ usw.
Billigbücher, die Flug- und oder Anschlagsängste behandeln oder all die dummen Sprüche, die sich inzwischen praktisch in überbordender Masse generell um den Volkssport Fliegen ranken, nachgerade lexikalisch erfassen, füllen heutzutage in der Filialbuchhandlung ganze Regalwände. Doch für Fischer stellt nicht einmal die Albernheit, welche eine Bezeichnung für „Angst vor Bibern“ bei ihm auslöst, eine untere Grunze für das Niveau dar. Als wäre er die BILD-Zeitung persönlich assoziiert er eine Baumarktkette und findet das offenbar selbst noch originell. Auch den faden Kaviarwitz „Stör ich?“ lässt er nicht aus, nicht einmal die lascheste aller ausgerauchten Spötteleien über Panflöten spielende Inkas umschifft er. Lies den „Postillon“!, möchte ich ihm zurufen, dann merkst Du, wie abgestanden Deine Themen sind!
Ansonsten siehe auch:
Wie gesagt: prima Stimme, fehlerfreier Vortrag, ein tadelloses Talent für Ausdruck, Tonfall, Dialekt plus mimische Hintermalung – bloß die Inhalte! Unendlich öde. Wie ein kalter Furz im Tunnel!
Wenn ich das hier sage, ist es alles andere als böse gemeint! Wer sich jedoch in die Spaßmachergilde begibt, muss sich auch immer mit den Größen des Faches messen lassen: sei's Django Asül, sei's Josef Hader. Und Frank Fischer hätte das Zeug, um ganz oben mitzumischen – wenn es ihm jetzt noch gelingt, sich Relevanz draufzuschaffen. Luft ist da auf alle Fälle noch drin, viel Luft nach oben.
Dass ein Sven Kemmler, welcher als nächstes in die Manege geschubst wurde, bei dieser Vorbereitung allerdings nichts mehr anderes konnte, als im Wesentlichen fiaskös abzustinken, dürfte nun niemanden Wunder mehr nehmen. Und Kemmler stank ab. Langatmig, selbstgefällig, wortreich einen ganzen Reichstag der Einfallslosigkeit mit buntem Pathos einwickelnd, säuerlich müffelnde Moral notdürftig mit einem rasch abblätternden Anstrich aus lahmen Pointen verhüllend.
Da steht einer, der zumindest in Franken als der Prototyp eines Münchner Stenz durchgehen könnte: eitel bis zum Platzen, Gestus und Sprachmelodei des Heinrich Mann'schen Oberlehrers aus Kaisers Zeiten und geschmückt wie die schwarze Madonna vom Staffelberg an Mariä-Himmelfahrt.
Dieser Typ, der mit extravaganter Brille, fünfzehn silbernen Ringen an jeder Hand und fetter Armbanduhr am Handgelenk dasteht, mit mehrteilig getrimmtem Bärtchen – wie Nachbars Zierrasen - und Ohrläppchen-Sticker, dieser Großmops will mir, der ich seit 15 Jahren keinen Fernsehapparat mehr von hinten angeschaut habe, in schier endlosen Laberei-Erbrüchen die Dummheit und Obsolenz von sowohl Herrenkosmetikprodukten und Modeaccessoires als auch des Reklamegeschreis für dieselben nahebringen.
Nä. Nope. Nada.
Wie ein zukünftiger Bundestagswahlverlierer der SPD doziert und predigt er das Volk in einen Trance-Zustand hinein, wie er sonst nur in Kirche und Parlament grassiert, mit einer, das sei Kemmler zugutegehalten, ganz formidabel schmeichelnd-streichelnden Stimme, die im dem Prediger vorbehaltenen Zwischenbass summt. Schade, dass er an demselben Gebrechen wie bisweilen der Verfasser dieser Kritik leidet: er findet kein Ende, er kann nicht kurz und konzentriert, er faselt. Das letzte, woran ich mich erinnere, ehe ich in eine private Meditation über glitschende Nullbegriffe abdrifte, sind Ausführungen über Spam-E-Mails …
Mein Fazit: die globale Rohstoffkrise scheint nun auch endgültig die Witzindustrie erfasst zu haben, der Recycling-Gedanke breitet sich in natürlicher Konsequenz in den Gehirnen der Komiker unaufhaltsam aus wie die spanische Nacktschnecke.
Einer wie ich, dem das Nörgeln und Motzen pures Lebenselixier bedeutet, konnte also einen großartigen Abend verbuchen, mit Futter für das Beschimpfungstier, das in meinem Herzelein haust, auf Monate im Voraus.
Egersdörfers Comedy Lounge jedoch wäre nicht sie selbst, wenn sich dann nicht noch, als alles klar und abgefrühstückt scheint, ein überraschender Höhepunkt aus dem großzügig geschnittenen Kopfschädel des Meisters winden würde, wie der Duft nach frischer Krautwurst mit Bauchfleisch und Sauerbraten nach einem langen Tag in einer veganen Suppenküche: das Interview!
Ganz großes Kino war das! Ein Gottesdienst des Geistes fürwahr, fast unnachahmlich wunderschön! Bernd Batke nimmt Platz, mit Hut und Dreitagesbart herausgeputzt, fläzt ebenso schlampig wie der Gastgeber auf dem schwarzen Sofa. Batke zupft den Bass und singt in der Unterhaltungskapelle Smokestack Lightnin', die sich beiden Sorten Musik verschrieben hat, dem Country und dem Western (geklaut und alt, gefällt mir aber immer noch so gut wie 1982 beim ersten Mal im Kino).
Das haben sich zwei gefunden. Selten passte dieser Spruch besser, und mir dünkt, dieses Gespräch hatte genau die Qualität, die immer alle von „Wetten dass …?“ fordern, aber nie bekommen. Zumindest stelle ich mir das so vor, denn ich habe ja schon vorhin behauptet, dass ich gar nie nicht fernsehe.
Smokestack Lightnin' veröffentlichten mit „Stolen Friends“ kürzlich ihr sechstes Studioalbum, das sie wahrlich und wahrhaftig in Nashville, Tennessee aufnahmen, inklusive Mitwirkung diverser Größen der Szene, die nicht bei jeder Doldi-Kombo mitwirken. Sogar der Name „Lambchop“ fiel. In Worten: Lambchop. Doch Batke berichtet ganz unaufgeregt. Je cooler er davon erzählt, wie er Bela B. kennenlernte (in Worten: Bela B.!) und selbiger Smokestack als Band anheuerte, und wie unbeeindruckter er sich zeigt gegenüber allem Ruhm und Rummel, desto verliebter wird Matthias E., erhitzt sich, schlittert wohlig maunzend hinab in einen roseéfarbenen Strudel der „Altershomosexualität“. Der Meister, so Batkes geistreiche Beobachtung, verbinde gleichfalls Schönheit und Tragik, so wie die Musik seiner Band.
Themen werden angeschnitten, die sonst keiner anschneidet: wie sage ich's den Eltern, dass ich doch kein Beamter werden möchte? Wie bekomme ich fortwährendes Feedback vom Bridge-Kränzchen der Mutter, wenn die Zeitungen meinen obszönen Ausfluss abdrucken? Wie schafft man den Spagat, ein möglichst großes Publikum zu erreichen und gleichzeitig sich selbst treu und auf akzeptablem Niveau zu bleiben? Ob man ebenfalls eines Tages so weit gesunken sein wird wie Roberto Blanco, der dem Vernehmen nach vor Auftritten eine geheimnisvolle Erfindung namens Streuhaar auf die raumfordernde Lichtung seines Kopfhauptes appliziert.
Quasi wie ein Bauer im Vorübergehen bekommt Egersdörfer, der inzwischen davon phantasiert, abgeschleckt zu werden (wo, bleibt ungewiss), während er der „Stolen friends“-Platte lauscht, sogar probehalber ein paar neue Künstlernamen verpasst: Roy Lotion zum Beispiel stände ihm gar nicht schlecht zu Gesicht.
Ein spratzelnder Geländelauf also durch das Gestrüpp der Unterhaltungsindustrie, und als Obendreingabe ein exzellenter Buchtipp: Franz Dobler - „Tollwut“. Die einzige Frage, die mir niemand beantworten hätte können, wenn ich gefragt hätte, lautet: wieso zettelte man nicht gleich eine große und großartige Diskussion mit allen Künstlern und dem treuen Publikum an, dessen Intelligenz nicht ausreichend gerühmt und gepriesen werden kann, zwischen Urknall und Kältetod des Universums.
Danke, Herr Egersdörfer! Ehrlich schonungslos, zum Abschlecken liebenswürdig – ich möchte fast sagen: respektvoll respektlos. Bzw. exakt anders herum. Das trifft's. Ein geiles Interview war das zum wiederholten Male, und zum Glück hielt Fürbringer, der Geistesgegenwärtige, seine Kamera auf das Geschehen, so dass nichts verloren ging.
Und weil man aufhören soll, wenn's am Schönsten ist, beschenkten uns M. Egersd. und seine kongeniale Partnerin Carmen Sch. mit dem gespielten Witz. Wie stets lässt sich kaum beschreiben wie baff und perplex der ganze Saal dem Wunderwerk folgte: die wenigen Stunden zwischen Internetrecherche und Zuraufführungsbringung hatten hingereicht, dass Egersdörfer & Schulz den Herrenwitz mit traumwandlerischer Präzision und unnachahmlicher
Charakterdarstellung in Szene setzten!
Die Lounge im kommenden September wird leider entfallen, trotzdem die Sommerpause im August ist. Denn Egers ist so etwas von unterwegs im Lande, dass er gerade mal noch genug Luft hat, um kurz durchzuschnaufen, wie ein Karpfen auf dem Trockenen zwischen Diesseits und Jenseits, und dass es erst im Oktober weiter gehen wird, im Komm, und zwar am achtzehnten, weil's grad so schön ist.
Dann gibt’s auch keine Ausrede mehr – wer's verpasst ist nämlich voller Eimer selber schuld.